Die Pfarrkirche St. Peter und Paul in Dettingen am Main wurde am 1. Juli 1923 geweiht. Hugo Schnell bezeichnete sie zu Recht als die erste moderne Kirche in Deutschland. Architekt war Dominikus Böhm (1880–1955), der die Pläne zusammen mit Martin Weber (1890–1941) fertigte. Besondere Beachtung verdienen die Fresken des Malers Reinhold Ewald (1890–1974).
Der Neubau der Kirche begann nur wenige Monate nach Erhebung Dettingens zur Pfarrei. Bauherr war der damals 32-jährige Pfarrer Hugo Dümler. Zusammen mit den gleichaltrigen Ewald und Weber sowie dem zehn Jahre älteren Böhm schuf ein junges Team etwas gänzlich Neues.
In der Programmschrift zur Kirchweihe nehmen Böhm und Weber die Ideen des christozentrischen Kirchenbaus in Anspruch. Allerdings muss man hier von einer nachträglichen Übertragung der Ideale auf einen bereits fertigen Bau ausgehen.
Die Kirche erhebt sich auf klassischem dreischiffigem basilikalem Grundriss.
Neuartig wirkt vor allem der massige Portalturm. Er schließt mit dreieckigen Zinnen und einer mittigen Fiale. Ebenso ungewohnt wirken die fensterlosen Seitenwände.
Das Mauerwerk aus heimischem Buntsandstein ist in regelmäßigen Abständen durch Ziegelbänder gegliedert, die Geschosshöhen simulieren, in Wirklichkeit aber nur etwa 1,4 Meter voneinander entfernt sind. Dies lässt die Kirche monumentaler erscheinen.
Wirkt das Äußere der Kirche eher wehrhaft wie eine Burg, findet man sich im Innern unter einem zeltartig ausgespannten Dach. Die Leichtigkeit resultiert zunächst aus den dünnen unverkleideten Eisenbetonstützen, die die einheitliche Wirkung des Gemeinderaums nicht stören. Sie gliedern den Innenraum in acht Joche, von denen das hintere im Mittelschiff das Untergeschoss der Orgelempore bildet und in den Seitenschiffen Beichtkapellen mit interessanten Stampfbetongewölben fasst.
Der rechteckige Chor ist so breit wie das Mittelschiff und setzt dies etwa um zwei Joche fort. Die Schnittstelle von Schiff und Chor bildet ein trapezförmiger Chorbogen. Der Altar steht unmittelbar vor der Rückwand des Chorraumes. Die beiden Seitenaltäre bilden die Zielpunkte der Seitenschiffe.
Die ursprüngliche Lichtführung ist ausgesprochen suggestiv. Der Eingangsbereich war einst vollständig dunkel, das Oberlicht der heutigen Eingangstür entstand erst 1988. Das Langhaus wird nur durch die dreieckige Fensterreihe im Obergaden belichtet. Im Altarraum übergießen zwei raumhohe Lanzettfenster den Altar und das Wandbild dahinter mit Licht.
Die dreischiffige Anlage ist ganz auf den einen Altar ausgerichtet, der einst durch eine vergoldete Predella auch optisch stärker im Vordergrund stand.
Dettinger Passion
Berühmt wurde die Kirche in Dettingen in erster Linie wegen ihrer Fresken zu Kreuzweg und Marienleben. Geschaffen hat sie der Hanauer Expressionist Reinhold Ewald.
Das monumentale Altarbild zeigt die Kreuzigung Jesu – angelehnt an die Mitteltafel des Isenheimer Altars von Matthias Grünewald – in äußerst expressiver und formal hervorragend durchgebildeter Gestalt. Dieses Bild ist gewissermaßen der Schlüssel zum Verständnis der Kirche als sakraler Raum, als Ort, an dem Himmel und Erde sich verbinden.
Die vierzehn Kreuzwegstationen (2,8 m hoch und bis zu 4 m breit) umschließen den Gemeinderaum von beiden Seiten und geben ihm zusätzliche Weite.
Vier Bilder zum Marienleben schieben sich wie eine Ikonostase zwischen Schiff und Chor und durchkreuzen somit die Leidensthematik der anderen Bilder.
Die Dettinger Passion gilt als größter Freskenzyklus des deutschen Expressionismus und als Hauptwerk Ewalds.
Michael Pfeifer
Näheres zur Kirche: https://dettinger-passion.de/
Die Dettinger Kirche auf dem Portal Straße der Moderne