Kahl. Die Zeiten, in denen ausschließlich der Pfarrer die Beerdigung hielt, sind lange vorbei. Freie Trauerredner übernehmen oft die Beisetzung von Konfessionslosen. Vor allem in den Städten kommt es vor, dass der Bestatter der einzige Mensch am Grab ist. Aber auch in der katholischen Kirche hat sich einiges gewandelt: Es gibt immer mehr ehrenamtliche Begräbnisleiter – so wie Christine Hieke, Beate Nase und Bardo Diehl in Kahl.
Seit 2024 sind sie vom Bischof für diesen Dienst beauftragt, stehen für Angehörige zusätzlich zu Pfarrer Mariusz Kowalski zur Verfügung und leiten eigenständig die Beerdigungs-Liturgie auf dem Friedhof. Was sie als Laien nicht machen: Sie halten kein Requiem, feiern also keine Messe. Das aber wird in Kahl, wie in vielen anderen Orten, separat gemacht.
Wie sie dazu gekommen sind? Bardo Diehl war schon vorher ehrenamtlich aktiv – und wurde von Pfarrer Kowalski angesprochen. Christine Hieke und Beate Nase waren zuvor bereits Gottesdienstbeauftragte. Nase erzählt, dass sie oft unterwegs in den Seniorenheimen ist: „Angehörige haben immer wieder gefragt, ob ich auch die Beisetzung ihrer Verstorbenen übernehmen könne, was ich leider lange Zeit verneinen musste.“ Mit der Ausbildung für Begräbnisleiter im Bistum Würzburg war dieser Weg für sie dann offen. Alle drei haben sich gemeinsam mit zwölf weiteren Ehrenamtlichen ein Jahr lang über mehrere Wochenenden beim Liturgiereferat des Bistums auf ihre Aufgabe vorbereitet.
Inzwischen halten sie im Schnitt jeweils eine Beerdigung pro Monat. Angefragt werden sie vom Pfarrer, manchmal auch direkt von den Angehörigen oder vom Bestatter. Vor der Trauerfeier selbst erfolgt ein Gespräch mit den Angehörigen, um bei der Beisetzung deren Wünsche und Vorstellungen, soweit möglich, umsetzen zu können. „Manchmal fragen wir gezielt nach typischen Eigenschaften, Hobbys und Anekdoten der Verstorbenen“, so Hieke.
Zur Vorbereitung zählt auch die Auswahl von Liedern, in Abstimmung mit den Verwandten, oder die Suche nach einer passenden Bibelstelle. Diehl: „Es ist die Feier der Angehörigen. Ich sehe meine Aufgabe darin, sie dabei zu unterstützen.“ Bislang, so sagen alle drei, gab es „durchweg positive Rückmeldungen: Die Angehörigen haben wir bisher immer dankbar und sehr offen erlebt. Oft kennt man sich. Viele sind überrascht, dass sie sich aktiv an der Beisetzung beteiligen können.“
Auf Anfrage waren die Kahler Begräbnisleiter auch schon über die Ortsgrenzen hinaus tätig – etwa in Karlstein oder Großkrotzenburg. Doch wie gehen die ehrenamtlichen Begräbnisleiter damit um, regelmäßig mit Tod und Trauer konfrontiert zu werden? „Dadurch, dass wir mehrere Begräbnisleiter in einem Team sind, stehen wir nicht unter Druck, jede Beerdigung übernehmen zu müssen“, so Diehl. „Wir tauschen uns oft im Nachgang zur Trauerfeier aus, ebenso bei den regelmäßig stattfindenden Feedback-Gesprächen mit unserem Pfarrer“, sagen Hieke und Nase.
Was aber motiviert Menschen, einen solchen Dienst zu übernehmen? Für Diehl ist es wichtig, den hauptamtlichen Seelsorger zu entlasten. Gleichzeitig entspricht sein Engagement aber auch seinem Verständnis von Kirche: „Wir alle Christen haben den Auftrag, unsere Gaben aktiv einzubringen.“ Beate Nase ergänzt: „Ich versuche, den Trost, den mir persönlich der Glaube schenkt, den Angehörigen zu vermitteln.“
Seit Mai engagieren sich die Begräbnisleiter übrigens nicht nur in der Friedhofskapelle – sondern auch beim „Begegnungskaffee“, den die Seniorenbeauftragte der Gemeinde Kahl am Main einmal im Quartal anbietet. Dann gibt es vor der Kapelle Kaffee und Kuchen, und im Anschluss bietet Nase einen Friedhofs-Rundgang zu einem bestimmten Thema an. Der nächste Begegnungskaffee ist am 30. November, dem ersten Advent, um 14 Uhr. mgh
Daten und Fakten
Laut Statistik des Bistums Würzburg gab es im Jahr 2024 im Dekanat Aschaffenburg 1410 kirchliche Bestattungen. Zum Dekanat Aschaffenburg gehören sieben so genannte Pastorale Räume; die Bestattungen teilen sich wie folgt auf: Pastoraler Raum Alzenau 200, Aschaffenburg 308, Aschaffenburg Ost 241, Aschaffenburg West 245, Kahlgrund 164, Spessart Mitte 119 und Spessart Nord 133. Im Dekanat Miltenberg wurden 891 Verstorbene kirchlich beerdigt. Dazu gehören fünf Pastorale Räume, aus denen folgende Zahlen gemeldet werden: Amorbach 134 Bestattungen, Elsenfeld 195, Erlenbach 180, Miltenberg 240 und Obernburg 142.
In der ganzen Diözese gibt es aktuell 46 Begräbnisleiter und -leiterinnen; 13 befinden sich nach Angaben der Pressestelle des Bistums aktuell in der Ausbildung. Die Ausbildung dauert etwa acht Monate und umfasst sieben Ausbildungstage. Hinzu kommen Hospitationen während des Kurses bei Seelsorgern vor Ort. In der Stadt Aschaffenburg gibt es derzeit keine Begräbnisleiter. Im Kreis Aschaffenburg und im Kreis Miltenberg sind es jeweils neun.
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