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Abschied von Alzenau

Nach fast 34 Jahren als Kirchenmusiker in Alzenau gehe ich zum 1. Oktober 2025 in den Ruhestand. Eine Gelegenheit, die vergangenen Jahre und die Entwicklung der Kirchenmusik in Alzenau Revue passieren zu lassen.Im Jahr 1990 gab es seitens der Diözese Würzburg die Überlegung, in Aschaffenburg neben der Stiftskirche eine weitere hauptamtliche Kirchenmusikerstelle zu errichten. Angedacht war hierfür die Herz Jesu Kirche. Pfarrer Karlheinz Buhleier protestierte daraufhin in Würzburg und gab zu bedenken, dass es in Aschaffenburg mit der katholischen Stiftskirche und der evangelischen Christuskirche bereits zwei große Kirchen gäbe, die ein umfangreiches Angebot an Kirchenmusik und Konzerten böten. Viel wichtiger sei es, eine kirchenmusikalische Stelle im Landkreis Aschaffenburg zu schaffen, um die Kirchenmusik auch im (damaligen) Dekanat Alzenau zu etablieren.Gleichzeitig wurde in der Pfarrei St. Justinus durch eine großzügige zweckgebundene Spende von Frau Wohlschlögel-Weyrich der Bau einer neuen großen Orgel geplant. Gemeinsam mit Weihbischof Helmut Bauer schaffte es Pfarrer Buhleier, die Bistumsleitung davon zu überzeugen, die neue Kirchenmusikerstelle in Alzenau und nicht in Aschaffenburg zu errichten.Und so erschien Anfang 1991 die Ausschreibung für die Alzenauer Dekanatskantorenstelle. Die Stelle war zum einen interessant, da sie neu errichtet wurde und es in Alzenau keinerlei kirchenmusikalische Traditionen gab. Zum anderen, weil hier gerade eine neue Orgel geplant wurde, auf deren Bau und Disposition man noch Einfluss nehmen konnte.So bewarb ich mich und wurde im September 1991 mit drei anderen ausgewählten Kandidaten zum Bewerbungsgespräch, zum Probespiel im Aschaffenburger Stift und zum Probedirigat eingeladen. Kurz danach teilte mir das Bischöfliche Ordinariat in Würzburg mit, dass die Wahl der Kirchenmusikkommission auf mich gefallen sei und ich die Stelle zum 1. Januar 1992 antreten könne.Seit 1985 war ich neben dem Kirchenmusik- und Orgelstudium an den Musikhochschulen in Düsseldorf und Köln bereits nebenamtlicher Kirchenmusiker an St. Peter in Bonn und vertretender Organist im Bonner Münster. Da ich meine Examina (Staatsexamen Kirchenmusik A, Hochschuldiplom im Fach Orgel und Konzertdiplom im Fach Orgel) im Sommer 1991 abgeschlossen hatte, konnte ich nahezu nahtlos meine neue Aufgabe als Dekanatskirchenmusiker in Alzenau übernehmen.Ja, liebe Leser, den Rest kennen Sie eigentlich. Die Kantorei an St. Justinus wurde gegründet. Seitdem gibt es in Alzenau einen eigenen Kirchenchor, der regelmäßig an den großen Festtagen und im Jahreskreis singt.1993 wurde die neue Orgel eingeweiht. Damit steht dem Organisten ein großes, klangschönes und vielseitiges Instrument zur Verfügung. Der „Verein der Freunde und Förderer der Kirchenmusik“ wurde ins Leben gerufen, der die außergewöhnlichen Gottesdienste und Konzerte finanziert.Es folgten die feierlichen Gottesdienste mit der Kantorei, Orgel, Trompeten und Pauken. Zu Weihnachten die ergreifenden Christmetten mit Chor, Holzbläsern und Glockenspiel. Aber auch die „normalen“, allein mit Orgel gespielten Gottesdienste sind oft „besonders“, weil die Alzenauer Gemeinden wunderbar mitsingen und man als Organist viele Möglichkeiten der Liedbegleitung hat.Dann gab es die großen Konzerte der Kantorei mit Orchester. Es gab die Orgelkonzerte mit namhaften Organisten aus dem In- und Ausland, meine Orgelzyklen mit dem gesamten Orgelwerk von Johann Sebastian Bach, César Franck, Maurice Duruflé usw.Besonderheiten waren die Orgelkonzerte mit Videoübertragung und Kirchenillumination 2017, 2019 und 2025 (hiervon gibt es auch Videos auf YouTube), die Silvesterkonzerte mit Rudolf Guckelsberger (die gibt es künftig in Schimborn), die Kinderkonzerte „Peter und der Wolf“ und „Die Zauberorgel“, um hier nur Einiges zu nennen.
Als Dekanatskantor war ich zudem in der diözesanen C-Ausbildung für nebenamtliche Organisten tätig. Das heißt: in den vergangenen Jahrzehnten habe ich eine beträchtliche Zahl an Orgelschülern ausgebildet, viele davon zum C-Examen begleitet, im Zentrum für Kirchenmusik in Aschaffenburg Harmonielehre und Gehörbildung unterrichtet und auf den Organistentagen und Werkwochen für Kirchenmusik in Würzburg zahlreiche Kurse in Liturgischem Orgelspiel und Formenlehre gegeben. Lange Jahre hieß es von der Bistumsleitung, dass die Alzenauer Kirchenmusikerstelle an meine Person gebunden sei. Das hätte bedeutet, dass diese Stelle nach meiner Pensionierung wieder nebenamtlich geworden wäre. Wegen der großen überregionalen Bedeutung, die die Alzenauer Kirchenmusik aber inzwischen erlangt hat, entschloss man sich, diese Stelle als hauptamtliche Kirchenmusikerstelle beizubehalten und nach meinem Weggang neu zu besetzen. Dieses Glück hatten andere Gemeinden nicht: mit mir gehen zwei weitere Kollegen in den Ruhestand. Eine dieser freiwerdenden Stellen (Bad Brückenau) wird nicht mehr neu besetzt, die andere (Ochsenfurt) wird von einer 100%-Stelle auf eine 50%-Stelle reduziert.Als Kirchenmusiker muss man flexibel und sensibel auf die Anforderungen der Liturgie und die Stimmung des jeweiligen Gottesdienstes achten. Da gibt es die freudigen und feierlichen Gottesdienste etwa in der Weihnachts- oder Osterzeit. Es gibt die Taufen und die Hochzeiten, die Kommunionfeiern und die Firmungen. Es gibt die besinnlichen meditativen Liturgien in der Advents- und österlichen Bußzeit. Und alle diese Messen benötigen ihre eigene Musik.Im Lauf der Jahre habe ich weit über 1500 Requiems gespielt. Hier begleitet man Menschen musikalisch zur letzten Ruhe. Menschen, die man gut kannte, Menschen, die einem lieb geworden waren, junge Menschen, alte Menschen und tragische Todesfälle. Oftmals sind die Angehörigen hier offener für die Musik als für das Wort. Und so vermag die Musik hier die Herzen zu erreichen und zu trösten.
Hermann Hesse schreibt im vierten Lebenslauf Josef Knechts: „Ein Büchermacher sollte kein einziges Wort schreiben, das er in der Stunde seines Todes bereuen müßte. So magst auch du dir vornehmen, niemals auf eine Art zu musizieren, die du in jener letzten Stunde bereuen müßtest“. Diesen Satz habe ich in den über 55 Jahren, in denen ich nun Orgel spiele, immer zu beherzigen versucht. Man spielt Orgel nicht nur mit Händen und Füßen, sondern mit Herz, mit Seele und mit Hingabe. Kirchenmusiker ist nicht nur ein Beruf, es ist eine Berufung.Auch wenn ich nun als hauptamtlicher Kirchenmusiker in den Ruhestand gehe, wird meine Musik nicht verstummen: ich werde auch künftig Konzerte spielen, das traditionelle Weihnachtskonzert und das Silvesterkonzert werden weiterhin in Schimborn stattfinden.
Abonnieren Sie einfach den Newsletter auf meiner Website www.christophkruyer.de Dort erfahren Sie alles über künftige Projekte, Konzerttermine, Programme und Vorverkauf.Und so nehme ich in großer Dankbarkeit Abschied von Alzenau: Danke für Ihre offenen Ohren, für Ihr offenes Herz, für Ihre Treue und Ihre Wertschätzung über all die Jahre.
 

Ihr Christoph Kruyer